Samstag, 14. November 2015

Traunstein hat ein neues Theater!

Premiere des neuen Highlights in der jungen Chiemgauer Kulturszene


Unbestritten ein Highlight: Die Hamlet-Darstellung von
Max Berger, Svetlana Teterja-Pater, Patrick Brenner
Traunstein ist eine uralte Kulturstadt, der Großteil dieser Kultur hat allerdings, darauf ist die Stadt so stolz, dass sie auf Kreisverkehren darauf hinweist, mit Bier zu tun. Natürlich hat die Bierstadt Traunstein auch eine Kulturszene. Die allerdings – zumindest im Altersschnitt – mittlerweile etwas in die Jahre gekommen ist. Die Nachricht von der Gründung eines jungen, ambitionierten Theaters im alten Vereinshaus in der Unterstadt, schlug in eben dieser Szene sowie der Politik ein wie eine Bombe. Es ist eine bescheidene Untertreibung wenn man andeutet, dass der Theaterenthusiast und Schauspieler Maximilian Berger auf etwas Gegenwind gestoßen ist bis zur tatsächlichen Premiere des neuen Chiemgau Theaters am Freitag, den 13.11.2015, ein Datum, das man sich merken wird.
Wer diese Vorgeschichten kennt, wundert sich auch nicht, dass dem Schauspieler, als er kurz nach 19:00 Uhr unter nicht aufzuhören wollenden Applaus kurz aus seiner professionellen Rolle fiel und emotional wurde als er, trotz aller Widrigkeiten und unfassbarem Organisationsstress das Chiemgau Theater für eröffnet erklärte. Wie bedeutend dieser Abend auch in der Stadtgeschichte sein könnte, erahnten wohl vor allem die älteren Theatergäste, die sich noch erinnerten, welch rauschende Feste in diesem Saal einst gefeiert wurden und wie geschichtsträchtig es ist, dass der Theaterverein diesem historischen Gebäude wieder Traunsteiner Kulturleben einhauchte.
Und was für ein Leben: Shakespeares sämtliche Werke – leicht gekürzt – stand auf dem Programm und viele waren gespannt, wie dieser nicht unbescheidene Titel wohl umgesetzt wird. Denn, einerseits hatte sich der Verein auf die Fahne geschrieben, Theater auf hohem Niveau zu spielen. Gleichzeitig möchte das Publikum aber auch unterhalten und nicht mit Avantgarder Nackt und Kotz-Kunst verschreckt werden. Und zum Dritten waren viele zunächst neugierig, wer dieser Kulturrebell Max Berger und seine Schauspieltruppe eigentlich ist. Vor diesem Hintergrund wurde die Aufgabe fast kongenial gelöst:
Man inszenierte Auszüge der Schlüsselszenen aus Romeo und Julia oder Hamlet, teils intensiv und eindringlich gespielt und gleichzeitig ein Spiel mit doppeltem Boden: Max Berger, Svetlana Teterja-Pater und Patrick Brenner spielten nicht nur sämtliche Rollen in den Shakespeare Klassikern, sondern auch sich selbst. Augenzwinkernd, teils zotig, nicht selten das Publikum einbeziehend, stellten sie drei Schauspieler dar, die sich teils intellektuell, teils naiv, immer humorvoll, mit Shakespeare auseinandersetzen und gegenseitig zusetzen.
Das altehrwürdige Vereinshaus
Dass es beim altehrwürdigen Shakespeare teils arg lustig zuging, irritierte den einen oder anderen bajuwarerischen Besucher. Ein Thomas Bernhard hätte sich ins Fäustchen gelacht, wie gut Theater bis heute funktioniert.
Spätestens nach der Schlussszene, als die Drei den „Hamlet“ in erst ausgewählten Szenen spielten, gefolgt von einer ersten Kurzfassung und einer zweiten, keine Minute dauernd, die das Stück augenzwinkernd auf den Punkt brachte, wurden die Schauspieler euphorisch mit Zwischenapplaus gefeiert. Und als wüssten die Dramaturgieprofis, dass man einem Höhepunkt idealerweise noch einen weiteren draufsetzt, spielten sie die Hamlet – Kurzfassung schließlich zur Begeisterung des Publikums rückwärts. Ein fast atemberaubender Schlusspunkt, der erahnen ließ, was Max Berger & Co. trotz weniger Proben und viel Bürokratie, zu inszenieren und darzustellen imstande sind. Nein, nicht alles lief rund, aber die Begeisterung beim Schlussapplaus war auch nicht die eines Champagnerpublikums, dass ich auf den Premierensekt freut, sondern kam von Herzen.

Dass den Theaterrebellen so viel Steine in den Weg gelegt wurden, sollte als Ritterschlag zu sehen sein. Man erinnert sich an die scharfen Worte mit denen Thomas Bernhard und selbst Ludwig Thoma das spiesbürgerliche damalige Traunstein bedacht hat. Die Stadt hatte lange gebraucht, bis eine Generation kam, die die Bedeutung Thomas Bernhards verstand. Jetzt ist die nächste Generation dran, frischen Wind in die Kulturszene der Bierstadt zu bringen. Zu wünschen ist trotzdem, dass es so kommt, wie es sich Max Berger gewünscht hat: Dass die Traunsteiner Theaterszene sich nichts gegenseitig wegnimmt, sondern gemeinsam die Region bereichert.

Link  zum Chiemgau Theater: http://www.chiemgautheater.de/

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