Dienstag, 17. Januar 2017

Gedanken über das vereinte Europa

Noch keine dreißig Jahre ist es her, da durchschnitt ein tödlicher sogenannter „Eiserner Vorhang“ unser Europa und trennte es in zwei Hälften. Eine friedliche Revolution der Menschen, die im unfreien Teil dieses Europa lebten, ebneten den Weg zu einem freien, geeinten Europa.
Vor 25 Jahren schlossen sich Staaten, die sich jahrhundertelang heftig bekriegt, den Kontinent mehrmals in Schutt und Asche gebrannt hatten, zu einem vereinten, friedlichen Europa zusammen. Was als eines der größten Menschheitsprojekte zur Sicherung des Friedens begann, ist 25 Jahre später durch tiefe Risse beschädigt. Risse der Trägheit, der Selbstverständlichkeit, des Überdrusses. Eine Zerrissenheit der europäischen Staaten, die in den Augen ihrer Bürger nichts weiter als eine Wirtschaftsunion, eine monetäre Zweckgemeinschaft bilden.
25 Jahre gestalteten die Menschen im vereinten Europa ihre Zukunft in Freiheit und Selbstbestimmung. Und in Frieden. Wie konnte es geschehen, dass dieses einst so mutige und visionäre Projekt auf wachsende Verachtung stößt – sowohl von außen als auch von innen? In welcher neuen Welt ist es möglich, die Grundfeste dieser Gemeinschaftsburg, die für Wohlstand, Wohlfahrt und Schutz vor einem neuen großen Krieg sorgen sollte, abzutragen, Stück für Stück zu schleifen?
Europa hat Fehler gemacht. Vielleicht war die Vision eines geeinigten Kontinents eine zu große Utopie. Aber das in den 25 Jahren und den Jahrzehnten zuvor bis heute erreichte aufzugeben, kann nicht weniger als DER Kardinalsfehler einer ganzen Generation, wenn nicht sogar vieler folgender sein.
Mit dem Erstarken autoritärer Präsidialstaaten wie zuletzt in Russland, aktuell in der Türkei - wer schließt nach den neuesten Ereignissen mit Gewissheit die USA aus ?– nach all den Erdbeben auf der politischen Landkarte bliebe die EU als die letzte wichtige Konstante der Demokratie zurück. Wenn... Wenn sie den Zersetzungsversuchen von außen, von Trump bis Putin standzuhalten vermag. Wonach es gerade nicht aussieht.

Europa ist fett und träge geworden von seiner Freiheit. Alles deutet darauf hin, dass wir die erste Generation seit dem (kalten) Krieg sind, die ihre Demokratie, ihre Werte, ihre Freiheit verteidigen werden müssen. Noch ist unklar, ob unsere Generation dazu fähig sein kann. Oder ob sie sich, in Trägheit und Passivität ergeben, den Kräften, die längst ihre Zersetzungsarbeit begonnen haben, ergeben werden. 

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