Montag, 13. Februar 2017

Erinnerung an Sebastian Straßer, meinem Papa

Ich und mein Papa als er etwa so alt war
wie ich heute
In Erinnerung an den 13.2.2012:

Sebastian Straßer kam 1943, inmitten des Weltkrieges, als drittes von vier Kindern der Eheleute Hans und Rosina Straßer zur Welt. Seine Kindheit war geprägt vom frühen Tod des Vaters, der während einer Haft wegen Aussagen gegen das Hitler – Regime an Tuberkulose erkrankte und an den Folgen verstarb. 
Die Familie verbrachte, auch weil der Vater lange Zeit nicht als Kriegsopfer anerkannt wurde, die Nachkriegsjahre in großer Armut. Trotz dieser Zeit der Entbehrungen, hatten sich diese Kindheitstage auch als Zeit von großem Glück in seine Erinnerung geprägt und Bescheidenheit, Dankbarkeit für das Vorhandene und die Liebe zur Natur wurden zu seinen typischen Wesenszügen.
Später kam die Begeisterung für den Sport hinzu: Für den Fußball, für die Leichtathletik, letztendlich natürlich für das Radlfahren, das er bis zuletzt betrieben hat.
Ihm war ein besonderes Talent zu Eigen, sich das Leben, auch in widrigen Umständen, lebenswert zu gestalten. Zwei Jahre Wehrpflicht nutzte er, um sich als Mulitreiber täglich an der Natur und der Freiheit der Berge zu erfreuen.
Mit seinem Sold ersparte er sich diszipliniert ein Haus, das er an seinen geliebten Bach, der Götzinger Ache, erbaute. Nach seiner Heirat mit Lilli Peschl wurde er Vater von drei Kindern, die er als liebevoller Vater in diesem Haus am Bach großzog.
In seinem ersten Beruf als Schlosser erkannte er rasch, dass er nicht seine Erfüllung war und er begann eine Beamtenlaufbahn bei der Grenzpolizei Laufen, wo er bald als gut gelaunter Grenzer bekannt wurde. Eine Hüfterkrankung machte ihn im Alter von nicht mal 55 Jahren zum Frühpensionär und schenkte ihm viel Zeit für seine Familie und die Radlausflüge in die Natur. 
Das einschneidendste Ereignis, nachdem seine Kinder erwachsen und von zu Hause ausgezogen waren, war allerdings der Tod seiner Frau Lilli, die er in ihrer Krankheit bis zum Ende in Liebe begleitet hatte.
In seinen eigenen letzten Jahren als Witwer schien es, als kehrte er in seiner Lebensweise zurück in seine Kindheit, seine Jugend. Ganz so wie in einem seiner Leitsprüche: „Ihr sollt werden wie die Kinder, denn ihnen gehört das Himmelreich“. 
Er lebte alleine in seinem Haus, ganz einfach und bescheiden. Das was er hatte, verschenkte er, wie selbstverständlich, an Familie und Freunde. 
Er widmete sich leidenschaftlich seinem neuen Hobby, dem Binden von Naturkränzen und nutzte seine ausgedehnten Radtouren zum Sammeln von Materialien. Seine kunstvollen Kreationen spendete er für gute Zwecke oder verschenkte die Kränze an alle, die er mochte und die es ihm zu danken wussten. 
Der Wasti wurde nun zu dem Freigeist, der er immer war, den er aber lange unter den Konventionen der Gemeinschaft unterdrückt hatte. Er lebte so, wie es ihn glücklich machte. 
Er fuhr sonntags mit dem Rad nach Salzburg, lauschte der Musik während der Messe im Dom und stibitzte nachmittags im Schlosspark Klessheim einige Zweige für seine Kränze.
Er liebte die Salzburger Großstadtatmosphäre und war zuletzt Stammkunde in der Bibliothek Salzburg. Nachmittags saß er dann auf einem selbst konstruierten Floß auf der Ache, im Schatten der Bahnunterführung vor Anker liegend und las Fachbücher über Psychologie oder Bibliographien der Persönlichkeiten seiner Jugend.
Der Wasti nannte sich selbst gesellschaftsscheu, mochte keine großen Feiern und dennoch liebte er die Menschen, jeden einzeln für sich und pflegte intensive Freundschaften zu den Menschen, die ihn faszinierten, oder von denen er sich verstanden fühlte.
Natürlich hatte er noch Pläne. Er wollte seine Insel, auf die er so stolz war, zum schönsten Kleinod weit und breit ausbauen, er wollte noch einmal auf Reisen gehen und die kommenden Enkelkinder stundenlang spazieren fahren.
Natürlich ist sein plötzlicher Tod ein großer Verlust und ein Schock für alle, die ihn in seiner exzentrischen Art liebgewonnen hatten.
Aber, wenn wir in unsere Herzen horchen, dann wissen wir, dass der Wasti sein Leben im wahrsten Sinne des Wortes erfüllt hat: Er hat erfüllend gelebt. Er hat die Aufgaben, die ihm Gott stellte, erfüllt.
Er war sich in seinen letzten Momenten bewusst, dass er sich in einer Situation befand, in der es um Leben und Tod ging. Er hinterließ auch beim Krankenhauspersonal einen tiefen Eindruck, als er sich mit seinem letzten Satz bei ihnen bedankte: „Danke für die liebevolle Pflege“, sagte er. Er war ganz ruhig und ohne Angst, als er für eine Notoperation in München vorbereitet wurde. 
Auf dem Weg zum Hubschrauber hörte sein Herz auf zu schlagen. Fast konnte man meinen, es sei sein Wille gewesen, friedlich einzuschlafen. 
Er starb an einem Riss im Herzen. 
So erfüllt sein Leben bis zuletzt war und so schmerzhaft und überraschend uns der Verlust erscheint: Letztendlich hat er sich nun wohl seinen größten Wunsch erfüllt: das Wiedersehen mit seiner geliebten Frau Lilli.

Und hier noch ein Text den ich damals geschrieben habe: http://schreibboheme.blogspot.de/2016/12/die-toten-auf-dem-rucksitz-1-pfeil-und.html

1 Kommentar:

  1. Der letzte Puls, so wird es sein,
    den hört man nicht, er ist ganz fein.

    Schwelgend werden wir entrinnen,
    und ein neues Sein beginnen.

    iwi

    AntwortenLöschen