Sonntag, 6. August 2017

Warum Herr Hagebeck sterben muss - Alkoholismus im Roman

Der Roman von Meike K. Fehrmann


Bücher die Alkoholkonsum auf unterschiedliche Weise
aufarbeiten
Meike K. Fehrmann, meiner Autorenkollegin aus Traunstein ist es gelungen, gleich mit ihrem ersten Roman einen Nerv zu treffen: "Warum Herr Hagenbeck sterben muss" ist ein Jugendroman über das meist tabuisierte Thema Alkoholismus. 
Besonders das Traunsteiner Annette-Kolb-Gymnasium hat das Buch bereits in den Unterricht mit einbezogen. Bemerkenswert ist auch, dass das Thema gleich von der lokalen Kulturszene aufgenommen wurde: Das Junge Ensemble Chiemgau unter Leitung von Svetlana Teterja-Pater den "Hagenbeck" als Theaterstück inszenierte. Das Stück wird seither immer wieder aufgeführt. Zuletzt in der Theaterstrickerei in Grabenstätt. 

Warum muss Herr Hagenbeck sterben?

Lukas ist ein durchschnittlicher Teenager. Was sein Leben außergewöhnlich macht: Sein Vater ist Alkoholiker. Während Lukas und seine Schwester Anne zwar immer wieder unter den Eskapaden ihres trinkenden Vaters zu leiden haben, ist ihr Alltag beinahe der einer trauten Familie im Vergleich zu Lukas'  Freund Kevin. Herr Hagenbeck ist nämlich Stiefvater von Kevin, ebenfalls Alkoholiker und einer der übelsten Sorte: Er schlägt seine Frau und das Kind, wenn er betrunken ist. Zusammen mit dem reichen Söhnchen Alexander, der sich ebenfalls outet, Sohn eines Alkoholikers zu sein, gründen die Teenager einen Club mit einem Ziel: Den gefährlichen Herrn Hagenbeck zu töten.
Zugegeben, eine provozierende Handlung. Dennoch ist es ein - trotz vieler empörender Ereignisse - leicht beschriebenes, oft humorvolles Jugendbuch das dazu einlädt, kontrovers diskutiert zu werden. Also ideal, um im Unterricht von Schulklassen durchgenommen zu werden.

Warum man Herrn Hagenbeck lesen muss 

Das Thema Alkoholismus wird bei uns in Bayern ebenso tabuisiert, wie der Alkohol an sich ein fester Bestandteil unseres Alltags ist. Der Konsum von Bier und Wein ist sozial toleriert, sogar erwünscht. Ein Landrat beispielsweise, der zum Frühschoppen Apfelschorle trinkt, kann kein echter Bayer sein. 
Meike K. Fehrmanns Roman lenkt den Blick auf die nicht zu unterschätzende Zahl von Menschen, die im direkten Umfeld eines alkoholkranken Menschen den Alltag zu bestreiten haben. Es lädt den Leser dazu ein zu reflektieren, wie der eigene Bezug zum Alkohol ist und wann der Zeitpunkt überschritten ist, an dem es "lustig" ist, einen über den Durst zu trinken. 
Besonders als Autor eines Buches, in dem von jungen Erwachsenen jede Menge gesoffen wird, ließ mich ein unangenehmes Gefühl nach der Lektüre nicht mehr los. Wer die "Kleinstadtrebellen" gelesen hat weiß, dass Cuba Libre eine Hauptrolle spielt, dass Justin, Peter und die anderen im Rausch so manche Straftat begehen. Der Erzähler wie der Autor schildern diese Exzesse allerdings heiter und wohlwollend. Nach dem "Hagenbeck" frage ich mich: Ist mein Justin ein Alkoholiker? Hätte ich Greta, seine Freundin, noch mehr unter seinem vom Alkohol angestachelten Treiben leiden lassen sollen?
Der Herr Hagenbeck wirft Fragen auf, da es eine feine Linie ist, die aus jugendlichem Wochenend-Alkoholkonsum eine Krankheit macht. Die einen haben vielleicht Glück gehabt, dass sich Konsum nicht in Sucht verwandelte. Andere nicht.
Was allerdings mit jenen passiert, die dieses Glück nicht hatten, lässt sich also nachlesen in "Warum Herr Hagenbeck sterben muss". Und deshalb sollte man auch dieses Buch unbedingt gelesen haben.

Herrn Hagenbeck kann man hier bestellen: https://meike-k-fehrmann.com/meine-buecher/

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